Mein Kind und ich, wir sind ein Team

LadyGaga ist kein kleines Kind mehr. Das macht sich in vielen Situationen bemerkbar, für die ich sehr dankbar bin. Sie zieht sich alleine an, duscht alleine, geht (meistens) problemlos ins Bett, spielt während meiner Siesta mit Copperfield… Lucky me, werdet ihr sagen. Und das stimmt sicher. Aber wir haben natürlich auch unsere absoluten Katastrophenmomente, in denen ich dieses freche, vorlaute, besserwisserische, beleidigte Wutknäuel auf den Mond schiessen könnte. Aber was neu für mich ist: Ich kann mich auf sie verlassen. Wir stehen füreinander ein.

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Sie kümmert sich
Im Urlaub waren wir eines späten Nachmittags zu viert am Hafen, wo wir nach einem Karussellbesuch noch etwas trinken gehen wollten. Wir setzten uns draussen in ein Bistro mitten in die Flaniermeile. Copperfield war bereits etwas grantig, er wollte nicht im Kinderwagen sitzen. Also liessen wir ihn auf der Promenade herumtapsen (er läuft je nach Müdigkeitsgrad immer noch wie ein Zombie, total niedlich anzusehen). Damit wir Erwachsenen in Ruhe unsere nicht-alkoholischen Cocktails trinken konnten, beschäftigte sich LadyGaga freiwillig mit ihrem kleinen Bruder, «damit ihr nicht so gestresst seid». Sie trug ihn herum, passte auf ihn auf, sie lachten. Wir achteten natürlich immer auf die Beiden, da LadyGaga nicht die Verantwortung tragen muss. Sie soll Kind sein dürfen. Aber es tat gut, mal für fünf Minuten nicht einem euphorischen Dreikäsehoch hinterherrennen zu müssen, sondern zu wissen, dass seine grosse Schwester für ihn da ist.

Damit es aber überhaupt so weit kommen konnte, waren wir im Vorfeld zu den Cocktails auf LadyGagas Charme angewiesen. Wir sassen nämlich und sassen und sassen, und es kam keine Bedienung. Mein Mann und ich tauschten uns gerade aus, dass wir aufstehen und nachhause gehen würden, es habe ja keinen Zweck und Copperfield sei eh so müde. Als LadyGaga realisierte, dass wir eigentlich klar zum Aufbruch machten, sagte sie dezidiert: «Nein Mami, ICH kümmere mich drum! Ich kann das!»
Und ohne weiter nachzufragen, liess sie uns verdatterte Eltern mit Copperfield zurück und machte sich auf, einen Kellner zu finden. In der Schweiz würde mich das jetzt weniger erstaunen. In Frankreich aber waren wir baff – LadyGaga spricht nämlich kein Französisch. Ich beobachtete sie fasziniert. Sie suchte im Inneren des Bistros eine Ansprechperson. Als sie fündig wurde, stellte sie sich breitbeinig vor dem Kellner auf, hielt ihm die Hand als Stopp-Zeichen entgegen und sagte laut aber charmant: «PARDON!!!» Dann zeigte sie zu uns herüber. Der Kellner kam angedackelt und meinte grinsend so was wie «Ihre Tochter hat darauf bestanden, dass ich mitkomme.»

Sie kann brav sein
Heute wurde ein Interview mit mir zum Thema Mamablog geführt. Copperfield war in der Kita, aber ich hatte LadyGaga für heute einen exklusiven Mama-Tochter-Tag versprochen und extra ihren Kitatag verschoben. Nachmittags waren wir auf ihren Wunsch (dank schlechten Wetters fast alleine!) im Freibad. Das Interview fand vorher statt, ich nahm sie also kurzerhand mit, kaufte ihr ein Magazin und schärfte ihr ein, während des Interviews mucksmäuschenstill zu sein. Was meine Tochter nicht kann. Nie. Never. Ever. Bis heute. Das Interview dauerte eine Stunde, und meine Tochter malte und zeichnete total versunken (in @Endwinterwunders Pferde-Malblock, nochmals 1000 Dank!), ohne uns zu stören. Ich war nach dieser Stunde ohne Kinder-Störung so erstaunt und stolz, dass ich LadyGaga spontan eine ganze Tüte voller Süssigkeiten aus dem Lollipop-Shop gekauft habe. Ich kaufe sonst nie Süssigkeiten.

Wir sind ein Team
Gestern beim Einkaufen drängelte sich an der Kasse eine ältere Frau einfach vor. Ich war mit den Kids und Kinderwagen unterwegs, Copperfield eher übellaunig, da müde. LadyGaga empörte sich laut: «Hey, die Frau hat sich einfach vorgedrängelt!!!» Ich war genauso empört, kochte aber als Erwachsene eher leise. Ermutigt durch die Reaktion meiner Tochter sagte ich aber laut: «Ja ich weiss. Die Frau. Hat. Sich. Echt. Vorgedrängelt. Die hat es wohl nötig.» Ich betonte jedes Wort. Ich weiss nicht, ob die gemeinte Frau es gemerkt oder verstanden hat. Aber es tat gut, das alles laut zu äussern, einen Gesprächspartner zu haben.

Und heute im Café, wo das Interview stattfand, wollte LadyGaga einen Brownie kaufen. Ich gab ihr das Geld und zeigte ihr, wo sie Schlange stehen musste. Als sie an der Reihe war, fragte die Frau am Tresen stattdessen den Mann hinter LadyGaga, was er bestellen wollte. LadyGaga drehte sich total verzweifelt zu mir um, die ich schon auf dem Weg zurück an den Platz war. Ich machte rechts und kehrt und sagte zu der Dame: «Meine Tochter ist Schlange gestanden, sie ist zuerst dran!» «Oh natürlich, ich habe sie nicht gesehen», kam die verlegene Antwort. LadyGaga strahlte mich an. Teamwork.

Ich habe das gute Gefühl, mit LadyGaga das nächste Level erreicht zu haben: Sie trägt ihren Teil zum Funktionieren der Familie bei.

Stellt ihr das bei euren Kindern auch fest? Woran erkennt ihr das?

 

5 thoughts on “Mein Kind und ich, wir sind ein Team

  1. Wie toll und selbstständig sie schon ist, ganz große Klasse! Ein ähnliches Verhalten beobachte ich bei Fiona auch gerade. Ich bin dann immer total begeistert und platze fast vor Stolz, wenn sie über sich hinaus wächst 🙂 kann mir gut vorstellen, wie hilfreich es für dich sein muss, eine kleine "Partnerin" zu haben bei vielen Dingen!!

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