Wie erholt man sich im Urlaub mit Kindern?

Als wir zum ersten Mal mit Kind in die Ferien fuhren, war die Ernüchterung gross. Wir hatten nicht damit gerechnet, wie anstrengend Ferien mit Kleinkind sind. Aus der kindgerechten, kindersicheren Wohnung herauskatapultiert, wird die kleinste Stufe plötzlich zur Gefahr. Man ist im Dauereinsatz. Irgendwie noch mehr als zuhause. Unvergessen der Moment, als LadyGaga mit dem Dreirad die Kellertreppe im Haus meiner Eltern in Südfrankreich runterpurzelte. Vier Stufen. Eine klaffende Wunde am Kinn. Kannste Dir nicht denken.

Im Urlaub ist eigentlich fast alles so wie zuhause auch. Man muss sich nach dem Schlafrhythmus der Kinder richten, kann nicht einfach spontan irgendwo länger bleiben. Jeder Tag ist durchgetaktet. Ausschlafen? Fehlanzeige. Um 7 Uhr ist meistens Tagwache. Bei Copperfield kamen dann noch minutenlange Brüllattacken dazu, die zum unmöglichsten Moment auftreten – gerne im Restaurant.

Jaja ich weiss, andere Umgebung und so. Reizüberflutung. Ist mir alles klar. Scheisse ist es trotzdem. Ich will auch meine Erholung im Urlaub und nicht immer alles nur auf die Kinder ausrichten!

Aber siebeneinhalb Jahre Erfahrung als Mutter haben meinen Pragmatismus gestärkt. Auf der Kreuzfahrt 2013 war ich noch gefrustet, weil ich keinen Freiraum hatte und ein nölendes Kind (meines!) an uns klebte.

Doch diesmal war alles anders. Wir wussten es. Wir wussten einfach, dass Urlaub mit Kindern anstrengend ist. Es gibt immer irgendetwas, das einem der beiden Kinder grad nicht in den Kram passt. Ich kenne meine Kinder. Ich kenne uns. Deshalb hatten wir uns folgendes für den Karibik-Urlaub vorgenommen: NICHTS.

Keine Recherche über Ausflugsziele, keine grossen Erwartungen an den langen Flug, kein Tagesplan, keine Wünsche oder Forderungen. NICHTS. Wir wollten einfach in der Karibik sein.

Jet-Lag auf Puerto Rico

Zugegeben, der Jetlag war der Horror. Ich bin ja gerne 40, aber irgendwie wird der Jetlag mit dem Alter *hust* immer mühsamer. Und dann noch Kinder, die um 4 Uhr früh vehement Unterhaltung (und Frühstück!) einfordern?! Mähhhh! Ich war also sagen wir mal etwas ranzig in den ersten Tagen unseres Urlaubs. Aber dann passierte etwas mit mir. Es gab da «diesen» Moment.

Wir hatten einen Ausflug nach Old San Juan gemacht. Die Kinder waren müde vom Laufen, es war heiss, die Sonne brannte. Wir gingen auf dem Gehsteig, als ich plötzlich ein Schild sah, das ein Restaurant anpries. Spontan lief ich in den Patio des Hauses. Das Restaurant war in einem überwucherten Innenhof. Aus den Lautsprechern ertönte Salsa-Musik. Hier wollte ich sein. Die Stühle waren klapprig, die Karte simpel. Wir bestellten Getränke und etwas zu Essen. Es dauerte lange, bis die Getränke kamen und die Übermüdung der Kinder einem begeisterten Schlürfen wich.

Das Essen liess noch länger auf sich warten. TickTickTick. Ich hatte darum gebeten, dass das Essen der Kinder zuerst gebracht wird. Natürlich kam unseres zuerst. Die Kinder maulten. Schon länger betrachtete ich die Früchte, die von den schattenspendenden Bäumen über uns auf den Boden geplumpst waren und dort zum Teil bereits zu faulen begannen. Was war das?!


Ich studierte und überlegte ganz gedankenverloren. Bis ich es begriff: Das ist eine Mango! Jedenfalls denke ich, dass es eine Mango war (Papaya? Avocado?). Keine künstlich gereifte Mega-Mango aus dem Supermarkt, sondern eine natürliche, reife Frucht. Und wisst ihr was? Über diese Entdeckung freute ich mich so tierisch, dass ich so etwas wie einen tiefen inneren Frieden in mir spürte, so doof das auch klingt. Es war gut so, wie es war. Alles war gut. Ich war angekommen. Irgendwann kam dann tatsächlich auch das (naja falsche) Essen und keiner von uns verhungerte.

Kreuzfahrt mit Kind

Auf einem Schiff gibt es immer viel zu sehen. Mit kleinen Kindern kann man aber nicht alles entspannt erkunden. Vor allem das Abendprogramm läuft irgendwie ohne uns Eltern ab. Also zumindest bei uns war das so. An einem Abend ging ich ins Kino, während mein Mann mit den schlafenden Kindern in der Kabine blieb. Ein andermal genehmigte ich mir (ebenfalls alleine) einen Cocktail an der Poolbar und flanierte abends alleine auf dem Schiff herum. Eine halbe Stunde, mehr nicht. Das Meer wiegte mich quasi in seinem Schoss. Ich war glücklich. Es war keine Pärchenzeit. Aber das haben wir im Urlaub eigentlich noch nie gehabt, seit wir Eltern sind. Das ist okay so, finde ich, denn unsere Ehe ist stark, sie macht uns beide stark. Aber ich war in dem Moment ganz bei mir. Und das tat gut.

Eines anderen Abends sassen mein Mann und ich zusammen auf unserem Balkon und diskutierten, während die Kinder drinnen erschöpft auf ihrem Klappsofa schliefen. Wir unterhielten uns lange, begleitet vom Rauschen des Meeres. Auch das tat gut. Am nächsten Tag würden wir wieder auf der nächsten Insel sein und gemeinsam etwas erleben. Ich freute mich.

Das Inselerlebnis

Auf unserer ersten Insel St. Thomas regnete es tatsächlich! Also cremten wir uns nicht ein gegen die nicht vorhandene Sonne. Ein blöder Fehler, wie sich herausstellte. Als wir nämlich am Strand waren, brach immer wieder mal die Sonne durch und bescherte meinem Mann einen krebsroten Rücken. Dennoch, ich erlebte grossartiges:


Für die nächsten zwei Inseln war wegen des Sonnenbrandes an Strand aber nicht mehr zu denken. Wir nahmen es, wie es kam. Und shoppten stattdessen. Auf Antigua machten wir eine Inseltour mit dem Taxi und endeckten auf diese Weise wild wachsende Ananas am Strassenrand und auch Kakaobäume:

 

Ananas am Strassenrand auf Antigua

Mein Paradies fand ich aber auf Barbados, wo der Strand weiss war, das Wasser türkis und der Himmel lila:

Happy auf Barbados

Erkenntnis (nosce te ipsum und so)

Ohne die Kinder hätte ich vielleicht viel mehr erlebt in diesem Urlaub, hätte unvergessliche Ausflüge gemacht, meine Welt vergrössert! Ich wäre mehr zur Ruhe gekommen. Aber ich weiss auch: Ich hätte meine zwei manchmal nervigen Lieblinge so so furchtbar vermisst, dass ich es gar nicht hätte geniessen können! Meine Kinder machen mich erst ganz und komplett, so sehr die Verantwortung und die ewige Pflicht einen mürbe machen können.

Erholung im Urlaub bedeutet für mich deshalb vor allem eines: nicht kochen müssen. Ausserdem habe ich zwei Wochen lang keine Mails beantwortet und auch keine Telefonate entgegen genommen. Zum ersten Mal seit 3 Jahren Selbständigkeit! Das_war_so_erholsam!

Und in einem der beschriebenen wenigen ruhigen Momente in der Karibik, in denen ich ganz bei mir war, dachte ich: Vielleicht ist es genau das. Wir müssen uns (nicht nur) als Eltern einfach Inseln schaffen der Erholung. Nicht jede Insel hält, was sie verspricht, nicht jede Insel ist gleich gut wie die andere, aber dennoch bestehen wir den Alltag am besten, indem wir uns von diesen kleinen Inseln der Erholung tragen lassen – und sei es auch nur für eine halbe Stunde am Tag. Das perfekte Ganze gibt es nicht. Aber ich trage ein Stück des Paradieses mit mir.

 

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