Hilfe, mein Kind liebt Pokémon

Als klar war, dass mein zweites Kind ein Junge sein würde, sagte mir eine Freundin augenzwinkernd: «Mit dem Jungen wird es Themen geben, mit denen Du überhaupt nichts anfangen kannst.» Nie hätte ich gedacht, dass dies Pokémon sein würden, wobei natürlich auch Mädchen Pokémon toll finden können. Mein Sohn, mein Kind liebt Pokémon und das schon eine ganze Weile. Mir verschliesst sich dieses Universum leider total. Und nun das: Eine Freundin bat mich letzte Woche um Hilfe, weil ihr Sohn demselben Fieber erlegen ist. Nein, nicht Corona. Pokémon. Hier mein Versuch, etwas Licht für euch (und mich) ins Dunkel zu bringen.

Wie alles begann

Ich weiss nicht mehr, wie und wann genau es angefangen hat bei uns. Waren es Spielkarten, die mein Mann gekauft hatte? Ein Spiel auf der Nintendo Spielekonsole? Oder ganz einfach die Anime-Serie, die Copperfield auf Netflix schauen durfte? Plötzlich sprach er von Vulpix, Raupy, Bisasam, Snobilikat, Ibitak und Kumpanen. Ich verstand nur Bahnhof, und das so richtig. Anime war noch nie mein Fall.

Heute aber weiss ich Sohn sei dank, dass Pummeluff einen zum Schlafen bringt (ich zu Copperfield im Scherz, wenn er schlafen soll: «Pummeluuuuuuffffff….!»). Ich weiss, dass man mit einem Pokémon-Ball wilde Pokémons fängt, die nicht an einem Turnier teilnehmen («Mami, schnell, wirf einen Ball auf mich!» – häh????) und Pikachu «pika pika» sagt. Tragosso ist die Basisform von Knogga und hat einen Knochenschädel als Maske auf dem Kopf. Woher ich das alles weiss? Von meinem Sohn Schiggy Copperfield dänk (so nennt er sich gerne). Und wer es eben nicht weiss, schaut zum Beispiel im PokeWiki (!) nach. In der deutschen Pokémon-Enzyklopädie können unter anderem alle Charaktere mit Eigenschaften nachgelesen werden.
Die Geschichte der Pokémon selbst begann übrigens 1996 in Tokyo.

Mein Kind liebt Pokémon Sammelkarten

Bei den Spielekarten gibt es einzelne GX («dschi-äx» ausgesprochen) – das sind die wertvollen, um die sich alle Kinder reissen. Sie glitzern. Karten mit Werten >200 Kraftpunkte (KP) sind heiss begehrt und kosten im Internet gerne mal 50 Franken. Ja, für eine Karte. Ich weiss das, weil Copperfield mal eine solche Karte zu seinen Ungunsten mit seinen Gspänli getauscht hat, dann wochenlang deswegen traurig war und mein Mann diese Karte im Internet als Weihnachtsgeschenk nochmals für ihn besorgt hat. Bestes Weihnachtsgeschenk ever. Die Seltenheitsstufen sind hier erklärt.

Bei den GX-Karten gibt es noch sog. «Fular»-Karten. So spricht es mein Sohn aus, gemeint ist aber «Full Art», wie ich mittlerweile herausgefunden habe, zu erkennen an einem einfarbigen Hintergrund und spürbarer Prägung der Karte.

Das ist Fake

Bester Moment (oder auch nicht): Mein Sohn kam mit einer GX-Karte eines Freundes an, die dieser tauschen wollte. Er war sich aber nicht sicher, ob das ein guter Tausch sein würde. «Die ist eh nur Fake!», grummelte mein Sohn – und knickte die wertvolle Karte demonstrativ vor meinen fassungslosen Augen. Ich liess das unserem Mini-Trump nicht durchgehen, er erhielt eine Standpauke, dass man fremdes Eigentum (und auch eigenes!) nicht kaputt macht und er die zerstörte Karte jetzt gegen eine seiner eigenen tauschen MUSS. Was ich im Nachhinein gelernt habe: Als Fake-Karten gelten Karten aus dem Ausland, deren Aufdruck etwas anders ist als bei den europäischen. Ja, es gibt deutsche Pokémon-Karten, französische, spanische, japanische…

Was kann das denn?

Auf den Pokémon-Karten steht jeweils, was die Fähigkeiten der einzelnen Pokémon sind. Das Ganze liest sich (nicht nur) für nicht-Pokémon-Anhänger so kryptisch, dass viel Phantasie gefragt ist – sogar, wenn der Text auf Deutsch verfasst ist. Das hindert Copperfield, der noch nicht lesen kann, aber nicht daran, mich fast täglich zu löchern: «Mami, was kann diese Karte genau?» Wahh!!! Dazu habe ich bereits 2019 wie ich hoffe ganz witzig gebloggt.

Wie man das Pokémon-Sammelkartenspiel tatsächlich spielt, könnt ihr am besten auf der sehr informativen deutschen Pokémon-Website nachlesen, inklusiv einem Bereich speziell für Eltern.

Pokémon kann man am Computer spielen. Dafür gibt es Online-Codes bei den Booster-Spielekarten-Päckli, die man kauft. Es gibt auch Pokémon-Münzen zum Sammeln. Kein Ende in Sicht!

Kind liebt Pokemon
Mittlerweile wird alles zu Pokémon nach dem Spielen in der grossen Kiste verräumt. Trotzdem muss ich immer aufpassen, nicht irgendwo im Haus auf einer Karte auszurutschen!

 

Kind liebt Pokémon – schadet es?

Bei der Recherche zu diesem Blogpost habe ich einen Artikel von 1999 gefunden, als Pokémon drei Jahre alt war. Darin wurde gesagt, dass der Hype ähnlich wie bei den Tamagotchis nicht anhalten würde. Weit gefehlt! Mehr als 20 Jahre später sind Pokémon durch einen geschickten Marketing-Mix (Gameboy, Fanartikel, Sammelkarten, Pokémon Go für Smartphones u.v.m.) generationenübergreifend nach wie vor sehr beliebt. Schon meine heute fast erwachsenen Neffen haben Pokémon gespielt, mein Mann spielt es. Nicht nur mein Kind liebt Pokémon, sozusagen «jeder tut es». Verblödet ist dabei soweit ich das beurteilen kann keiner ?. Vielmehr lernt mein Sohn durch das Sammeln der Karten, sich Dinge genau anzusehen. Dank der Karten hat er gelernt zu addieren – und zwar ohne Probleme im Zahlenraum bis 300, denn er wollte die Zahlenwerte der Karten verstehen. Wohlgemerkt, er geht noch nicht zu Schule! Durch das Tauschen der Karten mit seinen Gspänli (läck ist das als Eltern anstrengend, hier zu vermitteln!) lernt er auch, was Gerechtigkeit ist und was es bedeutet, wenn etwas einen Wert hat. Vor kurzem hat er einem Freund einen Bakugan (andere Baustelle…) geschenkt, «er gibt mir dann irgendwann dafür eine wertvolle Pokémon-Karte, hat er gesagt». Das passte so für ihn. Ich habe früher Kaffeerahmdeckeli gesammelt, so what (wär kennt’s no?!).

Pokémon-Karten tauschen – die Realität

Die Realität sieht folgendermassen aus: Regelmässig stürmt Copperfield, dass er Pokémon-Karten zum Tauschen in den Chindsgi mitnehmen will. Wenn ich es erlaube, wird er von grösseren Primarschülern übers Ohr gehauen und kommt ohne GX nachhause. Alles erlebt. Also darf er mittlerweile keine GX mehr mitnehmen, auch nicht zum Zeigen. Er kam auch schon zu spät nachhause, weil er beim Tauschen die Zeit vergessen hatte. Mein Herz…! Mein Mann hat nun zusammen mit ihm einen Karten-Tauschstapel zusammengesucht, von diesen darf Copperfield jeweils ein paar mitnehmen. Wenn er Freunde besucht oder Besuch erhält und getauscht wird, fragen wir Mütter die Kinder jeweils am Ende, ob sie mit dem Tausch beide zufrieden sind. Besteht Uneinigkeit, wird zurückgetauscht. Das funktioniert mittlerweile ganz gut. Aber ich mache euch nichts vor: Es ist dennoch immer wieder nervenaufreibend. Aber hey, mein Kind liebt Pokémon und sooo ein Laie bin ich ja gar nicht mehr. Gleich mal meinen Lebenslauf aufpimpen gehen.

8 thoughts on “Hilfe, mein Kind liebt Pokémon

  1. Herrlich, danke für diesen Beitrag. Ich bin ja froh, dass es bei dir aussieht, wie bei uns. Hier sammelt der kleine Sohn mit seinen inzwischen vier Jahren auch mit großer Begeisterung. Figuren, Plüschis und auch Karten und das Schlimmste: Er kann dir auch schon die Attacken und Schadenspunkte auf den Karten sagen und dir erklären, wie das Spiel geht.
    Ich selber kam damals mit Pokémon in Berührung, als meine Schwester in die Grundschule kam. Also vor… etwas über 20 Jahren oder so.. *lach* Ich muss gestehen, bei inzwischen über 700 habe auch ich inzwischen den Überblick verloren, aber es reicht ja, dass die Kinder den Durchblick behalten *lach*. Aber Pokémon GO, das spiele ich auch 🙂

    1. ich wurde auch schon früh morgens mit einem Pokémon-Monolog am Ohr geweckt 😉 Es ist unglaublich, was der Junge alles über Pokémon weiss!! Und es klingt immer nach Bahnhof bei mir…

      1. Hier wird auch Pokemon gespielt / geschaut. Mein Mann hat früher gesammelt und spielt jetzt Pokemon go. Mittlerweile darf die Große mit 8,5 mitspielen auf meinem alten Handy. Unsere zwei Mädis zweckentfremden gerne mal ihre Kuscheltiere, funktionieren sie dann zu Pokemon um und unser Schlafzimmer wird zu diversen Arenen, in denen dann Kämpfe ausgetragen werden. Zum Schießen ?

  2. Oh ja, das Tauschen und das übers Ohr hauen von anderen nervt mich ziemlich, ehrlich gesagt. Dummerweise sind da dann Eltern dabei, die das bestreiten, denn ihre „Engel“ könnten niemals so gemein sein. Ja ne, ist klar! Pokémon und Bakugan, ganz grosses Thema hier, ja! Dazu kommen noch die Beyblades und, ja richtig gelesen, Minecraft. Er geht übrigens ins die erste Primar.

    Ich bin schon gespannt, welche grandiosen Thema bei meinem
    Zweiten Kind, Mädchen, so aufkommen werden. Aktuell ist sie erst 2,5.

    Und rate mal, welches Geburtstagsthema wir hier in 2 Wochen feiern?

    1. Geburtstag ist hier auch bald – der 6.! Ich habe scho alle Dekos von Pokemon gekauft, jipieh! (mit was anderem muss ich eh nicht ankommen….)

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